Fremdgehen: Der Geist ist willig, das Fleisch nur zu 50 %

Maike

Ich muss zugeben, dass ich die treibende Kraft für die Umfrage zum Nächtigen in fremden Betten war. Nicht etwa, weil ich eine strikte und stark konservativ determinierte Meinung zu dem Thema vertrete, sondern eher, weil mir aufgefallen ist, dass ich immer häufiger eindeutige Angebote von Männern bekomme, die in einer festen Beziehung oder sogar verheiratet sind. Und das an den unterschiedlichsten Orten: beim Feiern in Clubs, in Bars und Kneipen oder sogar im Arbeitsumfeld. Als ich Claudia meine Verwunderung darüber zum Ausdruck brachte, stürmte sie mir mit „Das ist doch total normal“ entgegen. Ist das so normal, dass man seinen Partner hintergeht und war ich bis dato einfach nur naiv?

Um dem auf den Grund zu gehen, starteten wir eine Umfrage. Wir wollten wissen, wer schon mal fremdgegangen ist, in welcher Situation und mit wem.

Mit 77 Teilnehmern ist diese Umfrage sicher nicht repräsentativ, aber die Tendenzen trotzdem interessant.

Abgesehen vom Fremdgehen, hat es mich übrigens total überrascht, dass sich nur noch 31 % der Beteiligten auf dem Single-Markt tummeln. Ich hätte mit mehr gerechnet. Wo sind die ganzen freiheitsliebenden Einzelgänger? Wahrscheinlich sind Affären und On-Off-Beziehungen einfach nicht mehr in. Vielleicht ist es auch einfacher, einen festen Partner an seiner Seite zu haben und sich trotzdem weiterhin auszuleben. Dieser Art von Win-Win geben sich immerhin 34 % hin. Und bei 12 % war zumindest die Zunge schon mal in fremden Rachen.

Naja, so fremd sind die Rachen dann auch nicht. Denn immerhin bietet das nähere Umfeld auch genügend Optionen. Ganze 13 % lassen sich nicht lumpen, mal im Bett des Kollegen vorbeizuschneien, um auch hier die Qualifikationen auf den Prüfstand zu stellen.

Der klassische Sex mit dem/r Ex schneidet relativ schlecht ab. Nur 8 % schmeckt aufgewärmtes Essen. Fast die Hälfte (45 %) geht lieber auf Nummer sicher bei einer Liaison mit Unbekannten. Hierbei ist wohl auch die Wahrscheinlichkeit, dass der aktuelle Partner davon erfährt, am geringsten.

Girls vs. boys: Wer geht häufiger fremd?

Zumindest bei dieser Umfrage, sind Frauen die führende Spitze des Seitensprungs, wenn man eine Differenz von 5% als Führung bezeichnen möchte (30 % der Männer, die an unserer Umfrage teilgenommen haben, sind schon mal fremdgegangen; bei den Frauen sind es 35 %). Und deshalb muss ich an dieser Stelle die armen Männer, denen fortwährend der Status als klischeehafter Fremdgeher anhaftet, verteidigen. Ich habe in letzter Zeit häufiger mal gelesen, dass Fremdgehen geschlechtlich relativ ausgewogen ist. Was sich nun auch hier bestätigt. Und trotzdem habe ich das Gefühl, dass auch in meinem Kopf die Vorstellung vom Seitensprung weiterhin mit dem maskulinen Geschlecht assoziiert wird. Kontrovers, denn auch ich persönlich kenne viele Damen, die den ein oder anderen Fehltritt gestehen. Allerdings prahlen Männer natürlich nicht so gerne vor Frauen mit ihrer Ungezogenheit. Ich weiß nicht, wie ihr, liebe Männer, untereinander darüber kommuniziert. Bei meinen Mädels und mir könnt ihr aber davon ausgehen, dass wir über alle Eskapaden Bescheid wissen und immer gut dichthalten, wenn’s darauf ankommt.

Eine interessante Sicht auf die Kommunikation zwischen Männern und Frauen nach dem Betrug hat mir eine liebe Freundin erörtert, die ich hier kurz anführen möchte:

Ich denke, dass Fremdgehen bei Männern und Frauen von Grund auf unterschiedliche Gedanken auslöst. Aus weiblicher Sicht hängen an dem Sex mit einem anderen Mann viele Faktoren, wie Gespräche, die Atmosphäre (sprich der Wohlfühlfaktor) und Verhaltensweisen, die uns Frauen beeindrucken oder auch beim aktuellen Partner fehlen. Im Anschluss tauschen wir uns häufig über jedes Detail mit Freundinnen darüber aus und beginnen gemeinsam zu analysieren.  

Bei Männern hingegen geht es primär um die körperliche Lust und die Jagd. Klingt etwas stumpf, ist aber meiner Meinung nach der Kern ihrer Motivation. Natürlich wollen sie sich auch dabei wohlfühlen etc. aber das Körperliche steht an erster Stelle. Für Männer untereinander ergibt sich daher auch weniger beziehungsweise anderer Gesprächsstoff.

„Betrug“ bedeutet also aus Sicht der weiblichen Auffassung, den Partner an eine andere, vielleicht bessere oder interessantere Frau zu verlieren, die Eigenschaften hat, die einem selbst vielleicht fehlen. Männer denken vordergründig an den Akt an sich. Nämlich, dass ihre Partnerin von einem Anderen berührt wurde und dass dieser ihm möglicherweise körperlich überlegen ist.

Tja… aus zwei so verschiedenen Perspektiven kommt es schnell mal zu Missverständnissen. 😉

                 

M.R. (Name geändert)

Das nur so am Rande. 🙂

Natürlich hat uns nicht nur interessiert, wer häufiger fremdgeht und mit wem, sondern auch, wo das Ganze passiert. Claudia, schlüssel das doch mal für uns auf und berichte, was du eigentlich von dem ganzen Fremdgeh-Thema hältst!

Claudia

Interessante Interpretationen Maike. Dass du in letzter Zeit vermehrt solch unseriöse Angebote erhältst, hängt vielleicht mit deinem Alter zusammen. Noch vor vier Jahren zähltest du offiziell zu den Teenagern – und ich hoffe doch sehr, dass gebundene und/oder ältere Männer dir da noch keine Avancen gemacht haben.

Dass nur ein Drittel der Teilnehmer solo ist, könnte auch bedeuten, dass Singles diese Art von Umfragen weniger interessiert – nur so eine Idee.

Ein echter Aufreger für mich – und das immer wieder – ist die Behauptung sehr vieler Frauen, dass Männer häufiger fremdgehen. Wie das? Mit wem gehen sie denn fremd? Mit Männern? NEIN, natürlich mit Frauen. Sprich: eine Affäre = 1 Mann + 1 Frau – zumindest bei den klassischen Heterosexuellen, von denen hier die Rede ist. Also fifty-fifty. Reine Mathematik!!!! Nun gibt es natürlich genügend Fälle bei denen ein Paarläufer eine Affäre mit einem Solokünstler hat. Und möglichweise überwiegt hier der Mann in der Rolle des Gebundenen. In der Filmwelt ist das sicherlich der Fall, aber in der Realität? Bei dieser Konstellation ist es auf jeden Fall so, dass die Singlefrau immer die Schuld bekommt (gern als Schlampe oder mieses Stück tituliert). SIE hat IHN verführt, ist doch klar. Der Mann konnte den „Angriff“ aufgrund seines Testosteronspiegels in keinem Fall abwehren. So sehen das zumindest die gebeutelte Partnerin und ihre Freundinnen.

Beim Feiern ist die Versuchung besonders groß

So, nachdem ich das losgeworden bin, schauen wir mal auf die Anlässe. Wir haben gefragt, in welcher Situation sich das Fremdgehen ergeben hat.

In jedem Fall dort, wo am meisten Alkohol fließt: auf Partys und Festivals, dicht gefolgt vom Disco- und Barbesuch. Hier kann man davon ausgehen, dass sich der Koitus spontan ergeben hat. Denn bei einer Verabredung über ein Datingportal oder beim geschäftlichen Anlass kann man wohl eher von Vorsatz sprechen. Obwohl bei Letzterem auch der Sex im Fahrstuhl oder im Kopierraum gemeint sein könnte, wiederum eher spontane Aktionen. Unter Sonstiges wurde nichts Verrücktes oder Ungewöhnliches angegeben. Nur eines fand unsere Beachtung: der Racheakt, der allerdings nur ein Mal ausgeführt wurde.

Interessant fand ich noch, dass sich bei der Frage “Bist du schon mal fremdgegangen” keiner für die Antwortmöglichkeiten “Ich mache das öfter” oder “Nein, aber ich war in Versuchung” erwärmen konnte. Heißt das, es handelt sich meist um einmalige Ausrutscher und die, die in Versuchung geraten, geben dieser dann sofort nach?

Pro und Contra

Ich persönlich betrachte das Thema Fremdgehen mit gemischten Gefühlen und sehe es mal so, mal so (das Leben ist kurz, have fun versus man sollte echte Werte im Leben haben). Das hängt im Allgemeinen von meiner Stimmung ab. Häufig bin ich durchaus in der Lage, Dinge objektiv zu betrachten – besonders dann, wenn sie mit meinem eigenen Leben momentan absolut keine Berührungspunkte haben, ich also nicht zu den Betroffenen zähle.

So wüsste ich momentan nicht, ob ich meinem Partner jemals wieder vertrauen könnte, wenn er mich betrügt. Da fällt mir gerade ein, solch einen hatte ich ja schon einmal, also einen notorischen Fremdgeher. Und das war auch der Grund für unser Beziehungs-Aus. Bis dahin war ich selten bis gar nicht eifersüchtig und gestand solche Gefühle auch meinen Partnern nicht zu. Aber intensive Hochgefühle gehen häufig einher mit niederen Instinkten, zu denen die Eifersucht zählt. So mutierte ich damals, mit Mitte 20, zeitweilig zur rasenden Furie – grauenhaft.

Trotzdem würde ich, befragt nachdem, was mir in einer Beziehung besonders wichtig ist, die Treue nicht unter die Top 3 wählen, vermutlich würde sie an Position 4 oder 5 landen.

Ein Mann, der Treue auf Platz 1 wählt, wäre mir suspekt. Aber ich möchte schon, dass mein Partner mir treu ist. Mir ist klar, dass das absolut keinen Sinn ergibt und vielleicht sollte ich hierzu mal einen Experten konsultieren.

Daher zähle ich einfach mal Pro und Contra Fremdgehen auf, und das ganz spontan. Dann schaue ich am Ende, was überwiegt.

Contra Fremdgehen

  • Vertrauen ist die Basis einer Beziehung. Und dazu gehört auch das Körperliche
  • Beim/Nach dem Fremdgehen geht’s einem schlecht und man fühlt Reue
  • Bei Vertrauen kann man sich gegenseitig sehr großen Freiraum lassen
  • Es ist nur Fleischeslust, die vergeht

Pro Fremdgehen

  • Das Leben ist kurz. Es soll Spaß machen und man soll am Ende nicht bereuen, etwas nicht getan zu haben
  • Man erfährt möglicherweise Dinge über sich selbst, die man noch gar nicht wusste
  • Die eigene feste Beziehung wird dadurch bereichert
  • Menschen sind nicht dafür gemacht, monogam zu sein. Treue ist nur eine romantische Vorstellung

Ich sehe schon: 4 zu 4. Mmmmh. Und diese Liste könnte jeder noch um einige Aspekte ergänzen.

Es gibt noch einige Faktoren zum Thema Fremdgehen, die wir gern beleuchtet hätten, aber eine solche Umfrage darf nicht zu umfänglich sein, das schreckt ab. Aber interessiert hätte mich schon, ob es sich bei den Fehltritten eher um One-Night-Stands oder längerfristige Affären handelte. Und ich hätte auch gern noch erfahren, warum fremdgefischt wurde. Führen Langeweile, schlechter Sex oder zu hoher Alkoholgenuss am ehesten dazu? All das können wir aber auch noch zu einem späteren Zeitpunkt in Erfahrung bringen.

By | 2018-05-16T21:30:17+00:00 13. Mai 2018|Koryfeen-Geflüster|0 Comments

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